Jenseits von Putins Beliebtheit

Matthias Platzeck fordert mehr Verständnis für die Politik Moskaus und das Vorgehen des Präsidenten. Reinhard Krumm wählt einen anderen Weg und erklärt das Land von seiner Gesellschaft her.

Von Franziska Davies

Schon länger ist Matthias Platzeck als ein Politiker bekannt, der für eine nachsichtigere Russlandpolitik eintritt. Seine Position hat er nun – allerdings lange vor dem Fall Nawalny – ausführlich in einem Buch dargelegt, in dem er eine „neue Ostpolitik“ mit „Russland als Partner“ schon im Titel fordert. Mit seiner neuen Ostpolitik meint der frühere Ministerpräsident von Brandenburg und kurzzeitige SPD-Vorsitzende aber nicht nur das Verhältnis Deutschlands und allgemein Europas zu Russland, sondern er wirbt auch für mehr Verständnis seitens der Westdeutschen für die oft schmerzhaften Erfahrungen der Ostdeutschen in den 1990er-Jahren.

Vielem von dem, was Platzeck über Russland schreibt, kann man nur zustimmen. Einen Krieg mit Russland darf es auf keinen Fall geben, und nur, weil die meisten Menschen in der Europäischen Union seit Jahrzehnten keinen Krieg erfahren haben, dürfen wir nicht denken, dass Kriege nicht erneut am Ende von Eskalationsspiralen stehen könnten. Bei den globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts wie etwa dem Klimawandel wird es internationale Verständigung auch mit Russland geben müssen. Genauso ist es richtig, dass in Russland – ganz im Gegensatz zum westdeutschen Wirtschaftswunder – die Zeit der politischen Demokratisierung und der wirtschaftlichen Liberalisierung in den 1990er-Jahren mit Chaos, Besitzverlust, Orientierungslosigkeit und Gewalt einherging. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass in Russland die Demokratie als politisches Modell einen schweren Stand hat.

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