Hohe Geldstrafe für russische Journalistin

Die russische Journalistin Prokopjewa ist zu einer Geldstrafe von 500.000 Rubel verurteilt worden, weil sie in einem ihrer Texte Terrorismus gerechtfertigt habe. Sie wertet das Urteil dennoch als Erfolg.

In einem international kritisierten Strafprozess hat ein Gericht in der westrussischen Stadt Pskow die Journalistin Swetlana Prokopjewa zu einer Geldstrafe verurteilt. Für eine Kolumne, die der US-finanzierte oppositionelle Radiosender „Radio Swoboda“ veröffentlichte, soll sie 500.000 Rubel bezahlen – das sind umgerechnet 6335 Euro, so viel wie das durchschnittliche Monatsgehalt der reichsten zehn Prozent aller Russen.

Der Richter befand die 40-Jährige der Rechtfertigung von Terrorismus für schuldig, weil sie nach dem versuchten Anschlag des 17-jährigen Michail Schlobizkij auf ein Gebäude des Inlandsgeheimdienstes FSB in einem Text darüber nachgedacht hatte, wie kaputt die russische Gesellschaft sei. Schlobizkij war 2018 bei der Explosion eines selbstgebauten Sprengsatzes gestorben. Er hatte dem FSB zuvor vorgeworfen, Strafverfahren zu inszenieren und Menschen zu foltern.

Staatsanwaltschaft forderte Berufsverbot

Die Staatsanwaltschaft hatte für Prokopjewa sechs Jahre Straflager und vier Jahre Berufsverbot gefordert. Die Journalistin wertet das Urteil dennoch als Erfolg: „Der größte Erfolg ist, dass mir nicht verboten wurde, meinen Beruf auszuüben“, sagte sie.

Aus Solidarität mit Prokopjewa waren am Wochenende in Moskau mehrere Menschen auf die Straße gegangen, um alleine mit Plakaten gegen den Prozess zu demonstrieren – sogenannte Ein-Mann-Demonstrationen müssen in Russland nicht angemeldet werden. Die Demonstranten wurden festgenommen.

Antiterror-Gesetze gegen Journalisten angewandt

Russlands Journalistenverband kritisierte das Verfahren als weiteren Versuch, die Meinungsfreiheit zu unterdrücken. Verbandschef Wladimir Solowjow verlangte, das Urteil aufzuheben. Die Europäische Union hatte gefordert, die Anschuldigungen gegen Prokopjewa fallenzulassen und Journalisten nicht politisch zu verfolgen.

Die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatovic, sagte, die Festnahmen und das Urteil gegen Prokopjewa zeigten, wie dringend die Gesetze zu Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Russland überarbeitet werden müssten: Zu häufig würde Anti-Terrorismus- oder Anti-Extremismus-Gesetzgebung gegen die Pressefreiheit angewendet, kritisierte Mijatovic.

Prokopjewa will in Berufung gehen

Prokopjewa kündigte an, gegen das Urteil vorzugehen. Sie berief sich auf die Rede- und Meinungsfreiheit und wies immer wieder zurück, in irgendeiner Weise Terrorismus gerechtfertigt zu haben. „Repressionen entwickeln sich langsam“, erklärte sie in ihrem Schlusswort vor Gericht. „Ich habe keine Angst, die Regierung zu kritisieren. Ich habe keine Angst, das Sicherheitssystem zu kritisieren und den Machtorganen zu sagen, dass sie bisweilen im Unrecht sind. Denn ich weiß, dass es richtig schrecklich wird, wenn ich nichts mehr sage.“

Russland steht auf der Rangliste der Pressefreiheit der Organisation Reporter ohne Grenzen auf Platz 149 von 180.

Quelle