Deutscher Essay über die russische Gesellschaft: Der russische Traum

Der Traum der Russen hat sich über die Jahrhunderte hinweg verändert, wie es wohl in jedem anderen Land geschieht. Vergessen wir nicht, dass der US-amerikanische Traum des sozialen Aufstiegs erst in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts formuliert wurde. Zudem hat sich die russische Gesellschaft sehr spät ausdifferenziert, noch in den Anfangsjahren der Sowjetunion dominierte die ländliche Bevölkerung, also die Bauern. Mit der forcierten Industrialisierung, dem Umzug vom Land in die Stadt und dem Bedarf nach einer wachsenden Verwaltung änderte sich das.

Nach dem zweiten Weltkrieg und vor allem nach dem sogenannten Tauwetter zu Beginn der 60er Jahre war es der Wunsch der Bevölkerung, in Frieden zu leben, einen bescheidenen Wohlstand wie Wohnung, Auto und vielleicht sogar eine Schrebergartenparzelle zur Verfügung zu haben. Neben diesen auch uns sehr bekannten Träumen gab es stets ein Verlangen nach einer Freiheit, die an den Grenzen anderer Personen nicht haltmacht, eine anarchistische Freiheit. Das bemerkenswerte daran ist, dass der Staat dies zulässt, solange keine politischen Ambitionen geäußert werden. Das ist ein Merkmal des russischen Traums.

Volles Interview mit Reinhard Krumm

Essay über die russische Gesellschaft

 

Illustration (CC) Natascha